Die Gedanken schweifen lassen...

Was hier oft passiert ist, dass die Gedanken einem davonfliegen. In alle möglichen Richtungen. Ob nach Hause, in die Vororte von Leme, in die Köpfe der Senioren, in die Gedanken der Kollegen und Chefs, oder in mein eigenes Leben.

 

Heute waren wir im Projekt am Stadtrand. Kinder aus dem Stadtteil ‚Imperial‘ kommen hier zusammen - mal mehr, mal weniger Kinder.

Was mir bei der Arbeit mit den Kindern aufgefallen ist, dass alle Kinder gleich sind. Das Verhalten aller Kinder auf der Welt ist gleich! Ob in einem Kindergarten in Deutschland, oder auf der Straße in einem armen Vorort in Brasilien. Kinder sind unbeschwert, mal laut mal leise und vor allem vorurteilslos. Der Ärger und der Hass wachsen erst langsam heran - aber warum? Wenn wir doch alle gleich anfangen? Natürlich, es liegt an den unterschiedlichen Umständen, unter denen die Kinder aufwachsen.

Aber warum muss die Welt solche Unterschiede unter den Menschen schaffen? Warum habe ich als Europäerin mehr Chancen? Auf Bildung, auf Freiheit, auf Eigenbestimmung? Ich bin doch auch nicht mehr wert!

Wie kann die Welt, oder besser Gott, solche Unterschiede zulassen? Ja ja, die immerwährende Theodizeefrage.

Was eine schwierige Angelegenheit.

Man könnte ewig über dieses Thema schreiben und diskutieren. Es würden Argumente aufkommen wie: ‚Das Land ist eben in der Entwicklung etwas langsamer, die Privilegien kommen schon noch‘, oder ‚Es liegt an der Regierung. Sobald die sich ändert, ändert sich auch die Situation der Menschen‘.

Das kann natürlich alles sein, aber kann man sich deswegen auf der jetzigen Situation ausruhen? Was kann man tun, um den Kindern Chancen zu verschaffen? Türen zu öffnen? Wir hier vor Ort spielen mit den Kindern, unterstützen die Familien und zeigen Ihnen, dass wir da und sie wichtig sind. Diese mentale  Unterstützung ist unglaublich wichtig und ich glaube, dass die Situation ohne die Arbeit von SMMP hier ganz anders aussehen würde; denn alle leisten ganze Arbeit.

Jedoch ist meine Frage, wie die innere Blutung gestoppt werden kann, nicht nur die äußere.

 

Wir haben hier einen jungen Mann kennengelernt, der zwei Jahre lang in Deutschland studiert hat und jetzt sein Maschinenbaustudium in Sao Paulo abgeschlossen hat. Beste Voraussetzungen für einen Job! Jedoch findet er einfach keine Arbeit.

Zurzeit ist die Jugend- und die generelle Arbeitslosenrate in Brasilien sehr hoch und noch weiter am Steigen. Es sei die höchste Arbeitslosenrate, die das Land je gesehen hat.

Wenn schon der junge, engagierte und sehr gut ausgebildete Mann keine Arbeit findet, wie geht es dann mit den Menschen vom Stadtrand weiter?

Man sagt so oft: Bildung ist die Lösung. Natürlich ist es ein riesiger Schritt in die richtige Richtung,  aber die Lösung kann man dann doch nicht versprechen.

 

Ich werde hier natürlich nicht das Mittel finden, was die innere Blutung stoppt. Da habe ich schlicht nicht die Ausbildung zu. Trotzdem interessiert es mich brennend, da ich jeden Tag mit dieser Frage konfrontiert werde.

Der kleine Prinz

'Denn ein Schiff erschaffen, heißt nicht die Segel hissen, die Nägel schmieden, die Sterne lesen, sondern die Freude am Meer wachrufen, (...), und wo sie herrscht, gibt es keine Gegensätze mehr, sondern nur Gemeinsamkeiten in der Liebe.'

-Die Stadt in der Wüste

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Der kleine Prinz

'Am Ende geht einer doch immer dahin,

wohin es ihn zieht'

 - Flug nach Arraz